Im Konstanzer Inselhotel tagen noch bis Freitag die Agrarminister von Bund und Ländern. Hauptthema: die zukünftige “Gemeinsame Agrarpolitik der Europäischen Union”. Draußen protestierten die Landwirte der “Aktion Agrarzukunft”, das ist ein Zusammenschluss von Bauern-, Verbraucherschutz- und Umweltverbänden. Sie forderten “Bauernhöfe statt Agrarindustrie”. 700 Landwirte aus ganz Deutschland kamen zum Protest.
Zum Teil reisten sie mit Bussen an. Rund 40 Bauern vor allem aus der Region Bodensee-Oberschwaben kamen mit dem Traktor zur Kundgebung auf der Konstanzer Marktstätte; die Trecker verstopften stundenlang die Konzilstraße (s. Foto) Der Präsident des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbandes, Werner Räpple, fordert auf der Marktstätte einen angemessenen und ungekürzten EU-Haushalt und einen verbesserten EU-Agraretat. Die Agrarminister sollen diese Forderungen durch ein klares Votum unterstützen.
Bundesregierung unterwirft sich der Lobby
Dieser Forderung schloss sich auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) an: “Die EU-Kommission will, dass Subventionsempfänger ab 2014 mehr für Natur- und Umweltschutz tun, wenn sie Geld aus Brüssel haben wollen. Deshalb sind die aktuellen Bestrebungen des Bundesagrarministeriums, die von der EU gewollte Bindung der Subventionen an Umweltmaßnahmen zu kippen, völlig inakzeptabel. Damit verstößt das Aigner-Ministerium auch gegen entsprechende Beschlüsse der Amtschefkonferenz von Bund und Ländern vom Dezember 2011. Die Länder müssen dem jetzt eine klare Absage erteilen“, sagte Jochen Dettmer, agrarpolitischer Sprecher des BUND.
Die Amtschefskonferenz habe die Vorschläge der EU-Kommission zur Ökologisierung der Agrarpolitik als „wichtige und unterstützenswerte Schritte in die richtige Richtung“ gewertet und festgehalten, dass „Direktzahlungen stärker an konkrete Umweltleistungen geknüpft werden“ sollten. „Bundesagrarministerin Ilse Aigner scheint sich in zentralen Punkten der Agrarreform-Verhinderungslobby unterwerfen zu wollen. Ihre mit großem Pomp verkündete `Charta für die Landwirtschaft` war wohl das Papier nicht wert, auf dem sie steht“, sagte Dettmer.
Die Länder müssten jetzt Druck ausüben, das sogenannte „greening“ – also die ökologische Ausrichtung der Agrarsubventionen – wirksam umzusetzen. Dies sei nicht nur zur Pflege der Kulturlandschaften und für die Stabilität der Ökosysteme dringend erforderlich, so Dettmer.
Wir wollen kein Gentech und keine Antibiotika in der Tierhaltung
Entscheidend für eine akzeptable Reform der Brüsseler Agrarpolitik sei auch die von Bayern eingebrachte Strategie zur besseren Selbstversorgung mit Eiweißpflanzen. „Die bisherige Agrarpolitik ist dafür verantwortlich, dass jedes Jahr mehr Gentech-Soja aus Regenwald- und Hungerregionen des globalen Südens importiert wird. Damit muss endlich Schluss sein. Bundesagrarministerin Aigner und die Länder müssen darauf dringen, dass im Zuge der Brüsseler Agrarreform Proteinpflanzen im Umfang von 20 Prozent in die heimische Fruchtfolge integriert werden. Wenn Deutschland Hungerbekämpfung, Klima- und Artenschutz ernst meint, muss dies mit der Förderung des Anbaus heimischer Eiweißpflanzen unter Beweis gestellt werden“, sagte Dettmer.
Dazu gehöre auch, den Antibiotika-Einsatz in der Intensivtierhaltung massiv zu senken. Erforderlich sei, dass Bund und Länder sich eine Reduktion des Antibiotika-Einsatzes in der Tierhaltung um 50 Prozent bis 2015 zum Ziel setzten. Die besonders wichtigen Human-Antibiotika müssten in der Tierhaltung umgehend verboten und die Erfassung und Kontrolle des Antibiotika-Einsatzes transparent geregelt werden, so wie dies in Dänemark bereits der Fall sei.
Manche dieser Forderungen aber schienen vielen Bauern auf der Konstanzer Marktstätte zu abgehoben. Sie forderten schlicht „40 Cent pro Liter Milch“ und machten damit auf die aktuell immer noch drängenden Sorgen der Erzeuger aufmerksam.
Autor: PM/hpk