Im Konstanzer Teilort Litzelstetten ist man hellhörig, wenn es um „Wellensalat“ geht – nicht umsonst ist dort „Mastenfreies Wohngebiet e.V.“ aktiv. Der Verein lud zu einer Veranstaltung, um über Gefahren des Handy-Gebrauchs gerade für Kinder zu informieren. Ist Angst vor Handywellen angebracht? Übertreiben wir unsere Lust am Handy? Oder ist alles nur halb so schlimm?
Für viele Menschen scheint es heute ein eher unliebsames Gesprächsthema zu sein: In unserem Alltag gehört für eine Vielzahl von Bürgerinnen und Bürgern das Handy zu einer ganz normalen Grundausstattung. In Deutschland gibt es mittlerweile mehr Handyverträge als Einwohner und wer nicht mobil erreichbar ist, ist nahezu „out“.
Der Litzelstetter Verein „Mastenfreies Wohngebiet e.V.“ (MfW) hat bereits in dem Untertitel seiner Veranstaltung deutlich gemacht, dass er sich nicht prinzipiell gegen Mobiltelefone richtet. „Dass das Handy kaum noch wegzudenken ist, dieser Realität stellen wir uns natürlich“, sagen die Vorsitzenden Irene Mohn und Dennis Riehle entsprechend. Und in vielen Notsituationen haben die Geräte auch schon Leben gerettet und Sinnvolles bewirkt.
Doch wie weit darf und soll die Liebe zum Handy gehen? Ist es nötig, dass heute ständig telefoniert, gesimst oder Unmengen von Daten aus dem Netz an allen Orten und jederzeit auf die kleinen Apparate heruntergeladen werden? Muss man dem Nachbarn wirklich erzählen, dass man in zwei Minuten zuhause ankommt oder dass gerade die ersten Regentropfen fallen? Welche Abhängigkeit bringt das Handy mit sich? Und welche soziale Isolation folgt daraus, wenn man sich mit seinem Mobiltelefon befreundet hat?
Die gefährdeten Kinder
Diese Fragen standen neben den möglichen gesundheitlichen Auswirkungen von elektromagnetischer Strahlung im Mittelpunkt eines Informationsabends des Vereins, der am 14. März in der Grundschule in Konstanz-Litzelstetten stattfand. Besonders Kinder und Jugendliche gehen heute überaus selbstverständlich und unbedacht mit ihren Handys um – und sind dabei diejenige Gruppe, denen mögliche Strahlenwellen am meisten Schaden anrichten können.
Diese Ansicht vertrat auch der anwesende Referent, Diplom-Ingenieur Martin Fuchs, der als Elektrobiologe aus der Schweiz in die Thematik einführte. Unter dem Titel „Nicht nur für Kinder: Verantwortungsvoller Umgang mit dem Handy“ war die Veranstaltung besonders an Eltern gerichtet, sprach aber auch alle diejenigen an, die sich bewusst mit eventuelle Konsequenzen aus häufigem und falschem Gebrauch des Mobiltelefons auseinandersetzen wollen.
So berichtete Fuchs von den „Zehn medizinischen Handy-Regeln“, die die Wiener Ärztekammer herausgegeben hatte. Darin wird vor allem darauf hingewiesen, dass gerade unter 16-Jährige nur im Notfall ein Handy nutzen sollten. An alle Verbraucher ergeht der Aufruf, das Festnetz vorzuziehen, bei Handy-Gesprächen oder dem Versenden von Nachrichten das Gerät so weit wie möglich von Körper und Kopf fernzuhalten, Freisprechanlagen (nicht als Funk) anzuwenden, in Fahrzeugen auf den Gebrauch von Mobiltelefonen zu verzichten und Handys nicht in der Hosentasche mit sich zu tragen. Die kompletten Regeln sind unter http://www.funkfrei.net/berichte/10-medizinische-handyregeln.htm einsehbar.
Auch die Europäische Umweltagentur hat durch ihre Vorsitzende bereits auf mögliche Risiken vermehrter Hirntumore durch elektromagnetische Strahlung bei Heranwachsenden gewarnt, berichtete Martin Fuchs (http://www.diagnose-funk.org/politik/behoerden-int/weitere-warnung-der-europaeischen-umweltagentur.php). Und er verwies in diesem Zusammenhang auf die bisher zu wenig beachteten Wechselwirkungen der Taktung, die Handystrahlung aufweist: Diese ist entgegengesetzt zu denen des menschlichen Körpers, beispielsweise des Herzrhythmus. Nicht selten sei daher, dass Handys auf solche sensiblen Organe Auswirkungen hätten.
Der „Wellensalat“ ums uns herum
Bei Kindern käme erschwerend hinzu, dass deren Organismus noch deutlich mehr Wasser enthalte als der von Erwachsenen. Sie seien damit umso anfälliger und sensibler für die von außen kommenden elektromagnetischen Strahlungen, wobei Fuchs auch festhielt, dass wir heute von einem wahren „Wellensalat“ in der Luft umgeben seien. Hierdurch könnte oftmals gar nicht zurückverfolgt werden, welche Beschwerden wohin zuzuordnen seien. Für jeden Bürger sei deshalb wichtig, ernsthaft, aber nicht panisch zu hinterfragen: Welche Strahlenquellen gibt es in meiner Umgebung? Brauche ich W-LAN, schnurlose Telefone oder sonstige Multifunktionsgeräte wirklich? Und wenn ja, wann kann ich sie abschalten? Es empfiehlt sich, eine persönliche Checkliste hierzu anzulegen. Und selbst, wenn der Nachbar unbewusst strahlungsstarke Geräte nutze, kann man selbst viel tun: Das Umstellen von Möbeln, um Frequenz und Resonanz zu beeinflussen, sind ebenso wie günstige Abschirmmöglichkeiten ein einfacher Weg.
Besonders die Nachtruhe sei für den Menschen und dessen Erholung von größter Bedeutung. Daher solle man überlegen, ob man sich durch ein nächtlich angeschaltetes Handy die Tiefschlafphase rauben lassen will. Unbemerkt kann die Strahlung der Mobiltelefone die Intensität des Schlafes stören – acht Stunden Ruhe seien für den Organismus aber für ein optimales Funktionieren am nächsten Tag notwendig. Insgesamt gelte, verstärkt auf sich selbst und seinen Körper zu achten: Die Eigenverantwortung schützt am meisten, war der Konsens auch in der anschließenden Diskussionsrunde.
Ortsvorsteher Rudolf Riedle machte in seinem Grußwort deutlich, dass Litzelstetten über Jahre gegen Handymasten im Ort gekämpft habe. Viel sei im Ortschaftsrat debattiert worden, der Mobilfunkausschuss habe sich mit der komplexen Materie beschäftigt. Für seinen persönlichen Einsatz dankte der Verein „Mastenfreies Wohngebiet e.V.“ dem scheidenden Ortsvorsteher mit der Anerkennung einer unbefristeten Ehrenmitgliedschaft.
Autor: Dennis Riehle