Sturm aufs Wasserglas

Wasser ist Leben, der Zugang zum Wasser ist ein Menschenrecht. So die UN. Hierzulande wird dieser Zugang meistens durch Städte und Gemeinden geregelt, doch das soll sich ändern. Auch private Anbieter sollen auf dem Wassermarkt agieren dürfen, so will es die EU. Aber dagegen erhebt sich Widerstand – auch in der Region, auch in Stuttgart, auch in Markdorf. Tenor des Protestes: Die Privatisierung des Lebenselixiers: Wasser muss verhindert werden

Im Gymnasium Markdorf hat sich zum Beispiel eine Schüler-Lehrer-Initiative zusammen gefunden, die am kommenden Dienstag, 5. Februar 2013, 19.30 Uhr, im Bildungszentrum Markdorf, Theaterstudio,den Dokumentarfilm „Water Makes Money“ der bekannten Dokumentationsfilmer Leslie Franke und Herdolor Lorenz zeigen wird. Die von der Biologie-Lehrerin Gabriela Lindner angestoßene Oberstufen-Initiative will so das Thema auch in die Region tragen – auch der Wasserverbund Sipplingen war einst privatisiert.

Wie aus Wasser schmutziges Geld wird

Zum Hintergrund: Mit der politischen Weichenstellung über die Welthandelsorganisation (WTO) Anfang der 1990-er Jahre für eine neoliberale Wirtschaftspolitik begann unter dem Slogan: „Liberalisierung der Märkte“ eine weltweite Privatisierungswelle. Große Teile staatlicher Einrichtungen wie: Energieversorger, Stadtwerke, Post, Bahn, Krankenhäuser, werden seither an die Privatwirtschaft, zum Teil unter dubiosen Umständen, verkauft. Eine besondere Rolle dabei spielen die kommunalen Wasserversorgungen. So haben sich Konzerne wie der französische „Veolia“ und “Suez“, die auch im Landkreis Lindau tätig sind, zu Platzhirschen auf dem Weltmarkt entwickelt.

Doch die Versprechungen wie: billigere Preise und bessere Qualität durch Wettbewerb, erwiesen sich schon nach wenigen Jahren als Lügen. Der Film zeigt Beispiele aus französischen und deutschen Städten, wie durch Leichtgläubig- und Verantwortungslosigkeit, Uneinsichtigkeit und Korruption der politisch Verantwortlichen viele Kommunen in finanziell desaströse Zustände gebracht wurden und weiter werden. Doch der Widerstand unter den Betroffenen wächst. In immer mehr der betroffenen Städte, wie zum Beispiel: Paris, Grenoble, Berlin erkämpfen sich Bürgerinitiativen die Hoheit über ihre Wasserversorgungen und andere Einrichtungen der „Daseinsfürsorge“ zurück.

Alle Fraktionen im baden-württembergischen Landtag haben sich gestern dagegen ausgesprochen, die Wasserversorgung zu privatisieren. Hintergrund ist ein entsprechender Plan der EU. Kritiker fürchten, dass kommunale Wasserversorger mit privaten Anbietern nicht mithalten können. Redner aller vier Landtagsfraktionen betonten, die Wasserversorgung müsse in den Händen der Städte und Gemeinden bleiben. Es sei zu befürchten, dass bei privaten Anbietern vor allem der Gewinn im Mittelpunkt stehe; dann könnte die Qualität von Trinkwasser schlechter und die Versorgung teurer werden.

Zurzeit läuft ein Europäisches Bürgerbegehren, „die Versorgung mit Trinkwasser und die Bewirtschaftung der Wasserressourcen nicht den Binnenmarktregeln zu unterwerfen und von der Liberalisierungsagenda auszuschließen“. Der Markdorfer Filmabend will diese Petition (s. a. www.right2water.eu/de) unterstützen.

Wie die Konzerne einen Film verbieten wollen

„Water Makes Money“ beschreibt, wie die französischen Konzerne Veolia und Suez sich zu Platzhirschen im wachsenden Weltmarkt der privaten Wasserversorgung aufschwingen konnten. Auf allen fünf Kontinenten sind sie präsent, kaum eine Woche vergeht ohne neue Erwerbungen. Doch ausgerechnet in ihrem Heimatland Frankreich wird ihnen jetzt der Boden zu heiß. Anfang 2010 mussten beide Konzerne in ihrem Hauptsitz Paris die Wasserversorgung zähneknirschend an die Stadt übergeben und sich auch aus Rouen zurückziehen. Demnächst folgen voraussichtlich Bordeaux, Toulouse, Montpellier, Brest und viele andere, die ihr Wasser wieder in kommunale Hand nehmen wollen.

Warum ein derartiger Gesichtsverlust ausgerechnet in Frankreich, wo sie schon viele Jahrzehnte aktiv sind und noch immer rund 80% der Bevölkerung versorgen? Am Beispiel von Paris, Bordeaux und Toulouse zeigt der Film, wie es dazu kommt – und warum die Menschen zuvor den Privaten so lange vertraut haben. Ein Vertrauen, das sich vielerorts als Erblindung bestochener Volksvertreter erwiesen hat. Jetzt blubbert die Wahrheit über das Finanzgebaren der Konzerne an die Oberfläche.

Die Konzerne versuchen zurzeit gerichtlich, weitere Aufführungen des Films im Fernsehen und in der Öffentlichkeit unterbinden zu lassen. Prozessbeginn ist am 14. 2. 2013 um 13.30 Uhr im Justizpalast in Paris.

Autor: PM/hpk

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